Birgit Bortoluzzi

 Long Covid - ME/CFS - chronic diseases - Strategies from a 360 perspective

Long Covid / ME/CFS and off-label medications

Wir alle wissen, dass grundsätzlich jedes Medikament vom Arzt als off-label eingesetzt werden kann und der Patient durch den Arzt umfangreich aufgeklärt werden muss.

Natürlich wollen viele Patienten endlich eine Verbesserung ihrer Lebensqualität, denn schließlich wollen sie ja ihr zum Teil unerträgliches Leid loswerden. Das ist absolut verständlich. Auch ich träume und hoffe bis heute auf verträgliche Medikamente, bisher leider noch Ergebnislos.

ABER geht dies denn wirklich alles ohne Personalisierte Medizin? (siehe meine Rubrik DDIs)

Bei der geringen Durchdringung im ärztlichen Bereich zum Thema "Personalisierte Medizin und PGx" stellen sich mir hier große Fragezeichen auf. Ich versuche mir vorzustellen, wie Evidenzen von Off-Label-Medikamenten in der (Hausärztlichen)Praxis ohne entsprechende Personalisierte Medizin getestet und eingesetzt werden.

Und es ist völlig klar und auch ganz verständlich, dass große Hoffnungen auf Verbesserungen aufkeimen. Wie oft habe ich mir gewünscht, dass ein Arzt das Wort "Personalisierte Medizin" nach all meinen schweren UAWs (Rettungsdienst, Bereitschaftsdienst, ITS) nur einmal erwähnt hätte und selbst bei geringen Dosen waren es halt selbst für bekannte Wirkstoffe eben keine überschaubaren Nebenwirkungen (ohne das Wissen von Personalisierter Medizin).

Jedem sollte dennoch klar sein, dass die Herstellerhaftung für tödliche oder gesundheitlich erhebliche Schäden bei einem Off-Label-Einsatz entfällt und der verordnende Arzt in vollem Umfang für eventuelle Schäden haftet.

Wenn ich zeitgleich an das Apothekensterben (siehe Beitrag vom 22.07.2024, Lukas Brockfeld, Pharmzeutische Zeitung) denke, welches sich auch in 2024 weiter beschleunigt, wird mir ein wenig Angst und Bange beim Thema "Personalisierte Medizin".

Erst vor Kurzem erhielt ich von einer sympathischen engagierten und professionellen Apothekerin, welche leider ihre Traditionsapotheke schließen musste ein paar Andenken. Sie hatte Tränen in den Augen und ich versprach ihr diese Gegenstände aus ihrer Apotheke in Ehren zu halten.

Bei den Plänen von Gesundheitsminister Karl Lauterbach -Apotheken ohne Apotheker bekomme ich mehr als Bauchschmerzen, denn die Apotheker waren die EINZIGEN die versuchten mit mir den steinigen Weg der vielen UAWs zu gehen und Lösungen zu finden.

Die Pläne: es soll Apotheken ohne Apotheker geben sowie reine Abgabestellen - pharmazeutisch-technischen Assistenten (PTA) sollen den Pharmazeuten ersetzen und Apotheker sollen im Notfall per Video zugeschaltet werden. Das ist ein Albtraum, lieber Herr Gesundheitsminister Karl Lauterbach für alle UAW-Betroffenen!


Schauen wir nach Deutschland (Stand Oktober 2024): aktuell erarbeitet das Bundesinstitut für Arzneimittel (BfArM) gemeinsam mit einer Expertengruppe eine Liste "Off-Label-Medikamente gegen Long Covid". Diese sollen dann auch außerhalb der Zulassung verordnet werden können und von den Krankenkassen bezahlt werden. Das hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bereits schon bei einem runden Tisch zum Thema Long Covid am 12. September 2023 geäußert.

Bereits im Mai 2024 war eine neue Long Covid-Richtlinie in Kraft getreten. Diese sieht vor, dass Hausärzte als „Koordinator und erste Ansprechpartner“ agieren und eine „berufsgruppenübergreifende, strukturierte und koordinierte Versorgung für gesetzliche Versicherte“ ermöglicht.

Die wenigen (Hausärzte) die Long Covid Patienten betreuen wie z. B. Dr. Maja Strasser (in der Schweiz) und Dr. Conny Werner (Erbach Nähe Ulm) oder Dr. Karin Kelle-Herfurth (Health & Business Counseling) sind einige der wenigen EinzelkämpferInnen. Häufig lese ich die ergreifenden und auch hilferufenden Posts von Dr. Maja Strasser (die eine von 4 bis 5 Ärzten in der Schweiz ist die Long Covid Patienten nach Konsensus-Statement betreuen). Auch sie ist völlig überlastet und kann keine neuen Long Covid Patienten mehr aufnehmen.

Es ist ein Disaster! Zu uns CFS-Betroffenen kommen nun auch noch all die vielen Millionen Long Covid-Betroffenen hinzu.

Aber was wird aus den vielen ME/CFS Patienten? Bleiben Diese möglicherweise auf der Strecke?

Im Gesundheitssystem klaffte schon längst vor Corona ein riesiges Loch, was die Betreuung der vielen CFS/ME Patienten betrifft, aber jetzt wird dieses Loch unermesslich tief und weitet sich dramatisch schnell aus.

In einer „Deep Dive“ Studie deren Ergebnisse am 21. Februar 2021 in Nature Communication veröffentlich wurden, deuteten die Ergebnisse auf einen Phänotyp für ME/CFS hin der eine autonome Dysfunktion, Mikrobiomveränderungen und immunologische Anomalien umfasst. Welche wiederrum durch genetische Komponenten und geschlechterspezifische Variabilitäten beeinflusst wird. 

Die Studie weißt auch auf eine Überschneidung von Long COVID und ME/CFS hin. Der Hauptautor Dr. Avindra Nath, MD, FAAN, klinischer Direktor des National Institute of Neurological Disorders and Stroke (NINDS), Direktor des Translational Neuroscience Center und Leiter der Abteilung für Infektionen des Nervensystems sagte:

Wir glauben, dass es sich hierbei um praktisch dieselbe Krankheit handelt, obwohl es einige Unterschiede gibt, und sie sollten in multidisziplinären Kliniken, die sich auf postinfektiöse Syndrome spezialisiert haben, behandelt und untersucht werden“ 

und weiter führte Dr. Nath über postinfektiöses ME/CFS aus:

Sie zeigt, dass es eine absolute biologische Grundlage für diese Krankheit gibt, die mit deutlichen Anomalien des Immunsystems einhergeht.“ 

Diese Veränderungen des Immunsystems und der Mikroben wirken sich auf das Gehirn aus und führen zu einer verminderten Konzentration von Stoffwechselprodukten, was sich wiederum auf die Gehirnfunktion auswirkt. Die Katecholaminkerne setzen geringere Mengen an Katecholinen frei, was sich auf das autonome Nervensystem auswirkt und sich in einer verminderten Herzfrequenzvariabilität und einer verminderten Baroreflex-Herz-Kreislauf-Funktion äußert, was wiederum Auswirkungen auf die kardiopulmonale Kapazität hat.

Den vollständigen Artikel lesen Sie hier. (Quelle: NeurologyToday, By Gina Shaw, April 18, 2024)


English

We all know that, in principle, any medication can be used off-label by a doctor and that the patient must be fully informed by the doctor.

Of course, many patients finally want an improvement in their quality of life, because after all, they want to get rid of their sometimes unbearable suffering. That is absolutely understandable. I, too, still dream and hope for tolerable medications, but unfortunately so far without success.

BUT is this really all possible without personalized medicine? (see my section on DDIs)

The low level of penetration in the medical field regarding the topic of “personalized medicine and PGx” raises major questions for me here. I try to imagine how evidence of off-label medications is tested and used in (primary care) practice without the corresponding personalized medicine.

And it is perfectly clear and also quite understandable that great hopes for improvement are emerging. How often have I wished that a doctor would have mentioned the words “personalized medicine” just once after all my severe ADRs (emergency services, on-call duty, ICU), and even with low doses, there were just no manageable side effects, even for known active ingredients (without the knowledge of personalized medicine).

Nevertheless, it should be clear to everyone that the manufacturer's liability for fatal or significant damage to health resulting from off-label use is void and that the prescribing physician is fully liable for any damage.

When I think of the death of pharmacies (see article by Lukas Brockfeld, Pharmaceutical Journal, 22.07.2024), which is also accelerating in 2024, I feel a little afraid and anxious when it comes to the topic of “personalized medicine”.

Just recently, I received a few keepsakes from a friendly, dedicated and professional pharmacist who unfortunately had to close her traditional pharmacy. She had tears in her eyes and I promised her that I would treasure these items from her pharmacy.

When I hear about the plans of the Minister of Health Karl Lauterbach – pharmacies without pharmacists – I get more than just a headache, because pharmacists were the ONLY ones who tried to go with me the rocky road of the many ADRs and find solutions.

The plans: there should be pharmacies without pharmacists, as well as dispensing-only points. Pharmaceutical technical assistants (PTA) should replace pharmacists and pharmacists should be connected by video in an emergency. This is a nightmare for all those affected by adverse drug reactions, dear Health Minister Karl Lauterbach!


Let's look at Germany (as of October 2024): the Federal Institute for Drugs and Medical Devices (BfArM) is currently working with a group of experts to develop a list of “off-label medications for Long Covid”. These should then be able to be prescribed outside of the approval and paid for by health insurance companies. Federal Health Minister Karl Lauterbach had already mentioned this at a round table on Long Covid on September 12, 2023.

A new Long Covid guideline had already come into force in May 2024. This stipulates that general practitioners act as “coordinators and first points of contact” and enable “structured and coordinated care for those with statutory health insurance across professional groups”.

The few (family doctors) who care for Long Covid patients, such as Dr. Maja Strasser (in Switzerland) and Dr. Conny Werner (Erbach near Ulm) or Dr. Karin Kelle-Herfurth (Health & Business Counseling) are some of the few lone warriors. I often read the touching and also desperate posts from Dr. Maja Strasser (who is one of four to five doctors in Switzerland who treat long Covid patients according to the consensus statement). She is also completely overburdened and can no longer take on any new long Covid patients.

It's a disaster! On top of us CFS sufferers, there are now also all those millions of long Covid sufferers.

But what about the many ME/CFS patients? Are they possibly falling by the wayside?

Even before the coronavirus crisis, the healthcare system was facing a huge gap in the care of the many ME/CFS patients. Now, that gap is becoming immeasurably deeper and widening dramatically faster.

In a “deep dive” study, the results of which were published in Nature Communication on February 21, 2021, the results pointed to a phenotype for ME/CFS that includes autonomic dysfunction, microbiome changes, and immunological abnormalities. Which in turn is influenced by genetic components and gender-specific variabilities.

The study also indicates an overlap between long COVID and ME/CFS. The lead author, Dr. Avindra Nath, MD, FAAN, Clinical Director of the National Institute of Neurological Disorders and Stroke (NINDS), Director of the Translational Neuroscience Center and Chief of the Division of Nervous System Infections, said:

We believe that these are practically the same diseases, although there are some differences, and they should be treated and examined in multidisciplinary clinics that specialize in post-infectious syndromes.

Dr. Nath went on to say about post-infectious ME/CFS:

It reveals that there is an absolute biological basis for this disease, involving clear immune system abnormalities.

"These immune and microbial alterations impact the brain, leading to decreased concentrations of metabolites which impacts brain function. The catecholamine nuclei release lower levels of catechols, which impacts the autonomic nervous system and manifests with decreased heart rate variability and decreased baroreflex cardiovascular function, with downstream effects on cardiopulmonary capacity."

You can read the full article here. (Source: NeurologyToday, By Gina Shaw, April 18, 2024)